Angeblich verhandelt Apple über die Übernahme von Beats Electronics, einem Hersteller von Kopfhörern und Anbieter eines Musik-Streaming-Diensts. Nach einem Bericht der Financial Times könnte der Deal bereits in der kommenden Woche für 3,2 Milliarden US-Dollar unterschriftsreif sein. Das Ganze ist mehr als erstaunlich: Zum einen verhandelt Apple extrem verschwiegen, bislang sind etliche Übernahmen weder vorher noch nach Abschluss bekannt geworden. Zum anderen hat Apple mit Lala bereits 2009 einen Streaming-Anbieter erworben und dank iTunes Radio dürfte ausreichend technische Know how im Hause vorhanden sein.

24 Übernahmen in 18 Monaten

Doch Apple befindet sich akutell auf Einkaufstour. Angeblich haben die Kalifornier 24 Unternehmen in den letzten 18 Monaten gekauft. Wer genau die Übernahmeobjekte sind, darüber schweigt das Unternehmen, somit ist meine Tabelle als auch die Wiki-Liste nur eine Annäherung an die Realität. Doch einen Kopfhörerhersteller könnte Apple gut gebrauchen. Ich kenne keine schlechteren In-Ear-Kopfhörer als die weißen Dinger, die mit dem iPhone kommen. Die Stöpsel fallen mir bei der kleinsten Bewegung aus den Ohren und der Klang ist mittelmäßig. Da höre ich viele lieber Musik und Hörbücher mit den MMX von Beyerdynamic, deren Ohrteile man individuell anpassen kann.
Gegründet wurde Beats Electronics vom Musikproduzenten Jimmy Iovine und dem Rapper Dr. Dre. Man könnte vermuten, Apple will mit der Übernahme HTC einen auswischen. Der taiwanesische Hersteller von Android-Geräten liefert seine Modelle mit Beats Kopfhörern aus. Doch die 50-prozentige HTC-Beiteiligung an Beats haben die Gründer längst wieder zurückgekauft.

Was will Apple mit Beats?

Kommt der Deal zustande, zahlt Apple einen gewaltigen Aufschlag. Investment-Unternehmen Carlyle steckte im September 2013 rund 500 Millionen Dollar in das Unternehmen bei einer Gesamtbewertung von einer Milliarde Dollar für Beats Electronics. Dass sich der Unternehmenswert in so kurzer Zeit verdreifacht haben soll, erscheint unglaubwürdig. “Bei seinen Übernahmen hat Apple bislang immer kleinere Objekte im Visier gehabt. Ich glaube nicht, dass sie in den vergangenen vier Jahren mal mehr als eine Milliarde Dollar für ein Unternehmen ausgegeben haben“, sagt Richard Lane, Analyst bei Moddy´s der Financial Times. Alle Beobachter fragen sich, wofür dieser Aufschlag? Was will Apple mit Beats? Zur Auswahl stehen das Köpferhörergeschäft, der Musik-Streaming-Dienst oder die beiden Köpfe Dr. Dre und Jimmy Iovine.
Ob bewusst oder unbewusst, vielleicht fühlen sich die Apple-Manager unter Zugzwang, ihre wahnsinnigen Bargeld-Reserven endlich zu investieren (über den Aktienrückkauf hinaus). In ihrer direkten Nachbarschaft werden Mega-Deals eingetütet: Da übernimmt Google für 3,2 Milliarden Dollar den Heim-Automations-Spezialisten Nest (gegründet von Ex-Apple-Manager Tony Fadell) und da kauft Facebook  Occulus VR für zwei Milliarden Dollar und legt sogar 19 Milliarden Dollar für den Mitteilungsdienst Whatsapp auf den Tisch.
JahrUnternehmenGeschätzter KaufpreisBranche
2008P.A. Semi278 Millionen DollarProzessoren
2009Lala17 Millionen DollarMusikdienst
2009Placebase.comunbekanntKartendienst
2010Quattro Wireless275 Millionen DollarWerbevermarktung
2010Sirica. 100 – 200 Mio. DollarDigitaler Assistent
2010Intrinsity121 Millionen DollarProzessoren
2010Poly9.comunbekanntKartendienst
2011C3 Technologiesunbekannt3D-Karten
2012Chomp.com50 Millionen DollarApp-Store-Suche
2012Anobit500 Millionen DollarFlash-Speicher, DSP
2013LocationaryunbekanntLandkarteninformationen
2013EmbarkunbekanntÖff. Nahverkehrsinfo
2013Topsy Labsca. 200 Millionen DollarSocial Media Monitoring
2014Test FlightunbekanntApp Testing
2014Beats3.000 Millionen DollarKopfhörer/Streaming

Nachtrag 29. Mai 2014:

Apple übernimmt Beats für 3 Milliarden US-Dollar

Der Deal ist perfekt: Apple ist der Kopfhörerhersteller (Beats Electronics), Musik-Streaming-Dienst (Beats Music) und die kreativen Köpfe drei Milliarden Dollar wert. Es ist bei weitem die größte (bekannt gewordene) Übernahme des Konzerns. Viele Beobachter schätzen den Kauf als Acquihire ein, also eine Übernahme, um an Personen zu kommen.

Apple Firmenübernamen nach Dollar-Volumen
Dabei hatte Dr. Dre den Kauf mit diesem Video noch kurz vor Unterzeichnung in Gefahr gebracht. Besoffen lallt er zumsammen mit Sänger Tyrese Gibson vor der Kamera, dass die Forbes-Liste neu geschrieben werden müsse. “Der erste Hip-Hop Milliardär von der Westküste”, tönt Dr. Dre, dabei war der Vertrag von Apple-CEO Tim Cook noch nicht unterschrieben. Entsprechend schlecht kam das YouTube-Video beim Apple-Management an.

 

Immer weniger Neuveröffentlichungen bei iTunes

Musikproduzent Jimmy Iovine wird Vollzeit bei Apple in Cuppertino arbeiten, Dr. Dre bei Bedarf. “Apple hat Beats nicht gekauft, um cool zu sein“, sagt Eddy Cue, Chef der Internet Software und Service-Sparte bei Apple, auf der Code Conference (ehemals AllThings D). Doch die Zahl der Neuveröffentlichungen im iTunes Store sinkt dramatisch und auch beim Wachstum ist man in Cupertino unzufrieden. “Musik ist ein so wichtiger Teil in Apples DNA und wird auch immer sein. Beats wird unsere Musik-Produkte ergänzen, vom kostenlosen Streaming-Angebot iTunes Radio bis zum weltklasse Musik-Abo-Dienst von Beats und natürlich auch den Kauf von Musik in unserem iTunes Store”, sagt Cue laut Pressemitteilung.

Produktserien großer Musiker und Sportler

Dabei dürfte es Apple weniger um die Musik-Produktion, also Aufnahmen im Ton-Studio gehen. Aus der Inhalte-Produktion (Film, Musik, Presse etc.) hält sich der Konzern bislang konsequent raus. Es geht mehr um den Service- und Hardware-Kosmos rund um aktuelle Musik und pop-Kultur. Apple beeindruckt, wie Beats große Künstler zu eigenen Produktserien begeistern konnte. In der Pressemitteilung heißt es: “Music superstars including Lady Gaga, Lil Wayne and Nicki Minaj have designed their own customized Beats headphones and speakers. Fashion designers and street artists such as Alexander Wang, Futura and Snarkitecture have collaborated on special limited products, while renowned athletes including LeBron James, Serena Williams and Neymar use Beats as a critical part of their training and game day process. Beats has quickly become part of pop culture in the US and with the acquisition the Beats product lineup will be offered in many more countries through the Apple Online Store, Apple’s retail stores and select Apple Authorized Resellers.”

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