Was für ein Absturz. Apple ist nicht mehr die wertvollste Aktiengesellschaft der Welt. Exxon Mobile hat das Technologieunternehmen wieder überholt. Gestern Abend schloß der Kurs bei 420,05 Dollar. Das dürfte einigen Anlegern Tränen in die Augen treiben, denn im vergangenen September lag der Kurs bei 702 Dollar. Bei 940 Millionen ausgegeben Aktien sank die Marktkapitalisierung seitdem um 265 Milliarden Dollar auf aktuell 394,5 Milliarden Dollar.
Vertrauen verloren
Gab es einen Skandal im Management? Ist ein Produkt gefloppt? Sind sämtliche Foxconn-Arbeiter in einen Streik getreten? Nein, nichts dergleichen. Die Börse hat einfach das Vertrauen in das Unternehmen verloren. Entscheidend dazu beigetragen hat die Klageandrohung von Hedgefond-Manager David Einhorn. Greenlight Capital hält Apple-Aktien im Wert von 600 Millionen Dollar. Einhorn stören die Bargeldreserven in Höhe von aktuell 137.000.000.000 Dollar. Er möchte, dass Apple Geld an seine Anteilseigner ausschüttet. Sein Vorschlag: Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Dabei hat Apple erst vor wenigen Monaten angekündigt, 45 Milliarden Dollar in den kommenden drei Jahren in Form von Dividenden und einem Aktienrückkaufprogramm auszuschütten.
Wertvernichtung
Doch den institutionellen Anlegern genügt das nicht. Geht man von einem Zinsniveau von rund zwei Prozent für Bargeld aus und einer Inflation in gleicher Höhe, betreibt Apple eine unglaubliche Wertvernichtung. Ein Drittel des Börsenwertes besteht aus Bargeld, dass nicht produktiv eingesetzt wird. Bis zum Ende des zweiten Quartals Ende März 20136 dürfte der Geldberg auf rund 150 Milliarden Dollar ansteigen. Apple macht rund 60 Prozent seiner Umsätze außerhalb der USA und so liegen diese Gelder aus steuerlichen Gründen auf Konten rund um den Globus.
Was tun mit dem Geld?
Für ein börsennotiertes Unternehmen gibt es drei Möglichkeiten für überschüssige Barreserven:
- Etat für Forschung und Entwicklung erhöhen: Neue Produkte entwickeln
- Passende Unternehmen aufkaufen
- Geld an die Anteilseigner ausschütten oder Aktien zurückkaufen
Spötter in den USA schlagen vor, Apple solle den Staat Ungarn kaufen. Böse Zunge unken, dass Tim Cook den Aktienkurs so lange drücke, bis das Unternehmen mit dem Bargeld alle Aktien aufkaufen und Apple von der Börse nehmen kann. So wie Dell es gerade vormacht, dann müsste sich Cook nicht mehr mit Finanzanalysten herumschlagen. Investorenlegende Warren Buffet rät dem Unternehmen, seine derzeit sehr günstigen Aktien aufzukaufen.
Keine Übernahmen in Sicht
Tim Cook hat mehrfach angedeutet, dass keine großen Übernahmen geplant sind. Apple hat in der Vergangenheit rund sechs Unternehmen pro Jahr unternommen. Alles in allem waren das eher kleine Unternehmen, die Apple-Produkte ergänzten: P.A. Semi für die Chip-Entwicklung, Poly9, Placebase und C3 für die Karten und SRI International für Siri. Natürlich würde das Geld ausreichen, um beispielsweise ein soziales Netzwerk wie Facebook (66,7 Mrd. Dollar Börsenwert) zu erwerben. Doch das passt nur bedingt zu Apples-Kerngeschäft. Aufhorchen ließ kürzlich eine Aussage von Cook, Apple sei kein Hardware-Unternehmen. Er verwies auf die 3,7 Milliarden Dollar, die bereits mit Software und Services erwirtschaftet werden (iTunes: Apps und Medienvertrieb).
Jahr | Unternehmen | Geschätzter Kaufpreis | Branche |
2008 | P.A. Semi | 278 Millionen Dollar | Prozessoren |
2009 | Lala | 17 Millionen Dollar | Musikdienst |
2009 | Placebase.com | unbekannt | Kartendienst |
2010 | Quattro Wireless | 275 Millionen Dollar | Werbevermarktung |
2010 | Siri | ca. 100 – 200 Mio. Dollar | Digitaler Assistent |
2010 | Intrinsity | 121 Millionen Dollar | Prozessoren |
2010 | Poly9.com | unbekannt | Kartendienst |
2010 | Polar Rose | 29 Millionen Dollar | Gesichtserkennung |
2011 | C3 Technologies | unbekannt | 3D-Karten |
2012 | Chomp.com | 50 Millionen Dollar | App-Store-Suche |
2012 | Anobit | 500 Millionen Dollar | Flash-Speicher, DSP |
2012 | AuthenTec | 356 Millionen Dollar | Fingerabdruckerkennung |
2012 | Particle | unbekannt | HTML 5, Web-Entwicklung |
Beim digitalen Musikvertrieb hat Apple bereits einen Defacto-Standard geschaffen. Bei den übrigen digitalen Medien wie Film, TV und Buch könnte sich das wiederholen. Mit über 435 Millionen iTunes-Nutzerkonten ist es weltweit die größte Vertriebsplattform für digitale Inhalte. Für den weiteren Erfolg ist Apple auf den guten Willen der Rechteinhaber angewiesen. Das Beispiel iCloud zeigt, wie mühsam und langwierig die Verhandlungen sein können. In Deutschland dürfen im iTunes Store erworbene Filme, TV-Serie und Hörbücher nicht via iCloud zwischen Apple-Geräten abgeglichen bzw. aus der Einkaufshistorie heraus erneut heruntergeladen werden. Ein Streamingangebot à la Spotify fehlt von Apple bislang. In Deutschland hat Apple auf seinen Geräten bis hin zur TV-Box den Streaming-Anbieter Watchever zugelassen. Ein Angebot, dass auch von Apple hätte sein können.
US-Kabelbetreiber Comcast hat gerade den Medienkonzern NBC Universal komplett geschluckt. Der Rohrverleger kauft sich das Wasser dazu. Immer mehr Anbieter von Hardware bzw. Netzinfrastruktur steigen nach dem Vorbild von Netflix in die Produktion von Inhalten ein. Von daher würden Produktionsfirmen, Filmstudios, Plattenlabel und Verlage perfekt zu Apples Strategie passen.