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US-Senat befragt Tim Cook zu Steuertricks

Tim Cook vor dem Untersuchungsausschuss (c) Screenshot PBS Video, Google Maps

Die Mutter sagt zu ihrem Sohn: “Räum Dein Zimmer auf, man kann ja keinen Schritt mehr machen, ohne hinzufallen”. Kurz darauf sagt der Vater zum Sohn: “Junge, wenn man in Deinem Zimmer den Teppichboden wieder erkennen kann, gibt es eine Belohnung.” Der Junge geht in sein Zimmer und schiebt sämtliche Spielsachen und Klamotten unter das Bett. Er wirft eine Tagesdecke drüber und nichts ist mehr zu sehen. Den Worten der Eltern ist genüge getan, doch an der eigentlichen Idee geht das vorbei.

Genauso macht es Apple mit seiner Steuerpflicht. Mit legalen Mitteln hat das Unternehmen Schlupflöcher gefunden, um keine bzw. minimal Steuern außerhalb der USA abzuführen. Laut einem 40-seitigen Bericht des Untersuchungsausschusses (Permanent Subcommittee on Investigations) des US-Senats zahlte das Tochterunternehmen Apple Operations International (AOI) im Zeitraum 2009 bis 2011 keinerlei Körperschaftssteuer. Weder in den USA noch am Sitz der Tochter im irischen Cork. Dabei verbuchte AOI in diesem Zeitraum rund 30 Prozent der weltweiten Gewinne des Unternehmens. Fast alle geschäftlichen Aktivitäten außerhalb von Nord- und Südamerika laufen über Tochterfirmen, die allesamt auf der grünen Insel im Atlantik beheimatet sind – oder zumindest dort eine Anschrift haben.

Gut getrickst
Apple nutzt bei dem Schlupfloch einen Unterschied in der Definition von Steuerdomizil. Nach irischem Gesetz ist ein Unternehmen dort steuerpflichtig, wo es geleitet und gemanagt wird. Also dort, wo die Entscheidungen fallen. Nach US-Recht ist der geografische Firmensitz von Bedeutung. Da AOI seit 1980 in Irland gemeldet ist, besteht in den USA keine Steuerpflicht. Das Unternehmen hat keine Angestellten, lediglich drei Direktoren. Zwei davon sind in leitender Position bei Apple in Cupertino tätig. Seit 2006 fanden 32 der 33 Besprechungen der Geschäftsführung in den USA statt. Somit fallen die Entscheidungen in Cupertino und es besteht keine Steuerpflicht in Irland. Das Finanzamt geht leer aus.

Für andere Tochterunternehmen in Irland hat Apple mit der dortigen Regierung einen speziellen Deal. Als Anreiz sich in dem strukturschwachen Land niederzulassen, wurde ein Körperschaftssteuersatz von zwei Prozent oder weniger vereinbart. Der reguläre Satz liegt bei 12 Prozent. Doch laut Unterlagen des Untersuchungsausschusses betrug die Steuerquote auf den Gewinn von Apple Sales International (ASI) 2011  gerade mal 0,045 Prozent. Dieses Unternehmen wickelt den Verkauf von iPhones, iPads und Macs in Europa, Afrika, dem nahen Osten, Indien sowie dem asiatisch-pazifischen Raum ab. In dem Bericht heißt es für den Zeitraum 2009 bis 2012: “ASI, das angibt kein Steuerdomizil zu besitzen, zahlte auf seine Erträge in Höhe von 74 Milliarden Dollar nur geringe oder gar keine Steuern an irgendeine Regierung.”

Steuervermeidung im Heimatland
Auch bei den Steuern in den USA soll Apple getrickst haben. Dabei gab sich Apple-Chef Tim Cook in der Anhörung von dem Untersuchungsausschuss als braver Unternehmer. Rund sechs Milliarden Dollar habe sein Unternehmen für das Geschäftsjahr 2012 an die Bundesbehörden abgeführt. Immer wieder spielte er die patriotische Karte. Apple sei ein amerikanisches Unternehmen, dass viele Arbeitsplätze und wunderbare Produkte geschaffen habe. Die Körperschaftssteuer (Corporate Icome Tax) liegt laut Bundesgesetz bei 35 Prozent in den USA. Apples Quote lag nach eigenen Angaben in den Jahren 2009 bis 2012 bei 24 bis 32 Prozent. Der Bericht der Untersuchungskommission kommt zu einem anderen Ergebnis: Danach wurden im Jahr 2011 nur 20,1 Prozent Körperschaftssteuer abgeführt.

Geld im Ausland gebunkert
Die Senatoren im Ausschuß stören sich zudem daran, dass Apple einen Großteil seines Vermögens außerhalb der USA hortet. Auch das hat steuerliche Gründe. Apple erzielt rund 61 Prozent seiner Umsätze außerhalb des Heimatlandes. Von den 145 Milliarden Dollar Barmitteln, liegen nur rund 43 Milliarden Dollar in den USA. Würde die Differenz von den Niederlassungen in die USA transferiert, würden 35 Prozent Steuern fällig. Zuviel, findet Tim Cook. Bei einer großen Steuerreform sollte dies “auf eine einstellige Zahl” reduziert werden. Die Körperschaftssteuer sollte “in den 20ern” liegen.

Also bleibt das Geld im Ausland und das Unternehmen holt sich für Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttung lieber 17 Milliarden Dollar über Anleihen an den Finanzmärkten. Das ist deutlich günstiger, die Anleihe kostet Apple laut Cook im Durchschnitt zwei Prozent Zinsen. Neben Cook saßen sein Finanzchef Peter Oppenheimer und der Abteilungsleiter Steuern, Philip Bullock, der von den drei den nervösesten Eindruck machte. Schließlich ist bekannt, dass Anhörungen im Senat schon mal unschön werden und die Politiker ihre Opfer in die verbale Zange nehmen, um sich zu profilieren. Das war auch hier zu erwarten, nachdem der Ausschussvorsitzende, Carl Levin, Senator aus Michigan vorab mit den Worten zitiert wurde: “Apple hat dafür gesorgt, dass Geisterfirmen nirgendwo Steuern zahlen müssen.” Damit bringe das Unternehmen den Staat um Geld, mit dem er Kinder unterrichten und Sicherheit bezahlen könne. Sein republikanischer Kollege John McCain aus Arizona nannte das Unternehmen einen von „Amerikas größten Steuervermeidern.”

Kuscheln mit Cooks
Doch es ging überraschend harmonisch zu in der offiziellen Befragung. Die Senatoren schienen geradezu begeistert, Tim Cook persönlich vor sich zu haben. Senatorin Claire McCaskill offenbarte ihre Liebe zu Apple. Senatorin Kelly Ayotte eröffnete ihre Fragen an Cook mit den Worten: “Nett, Sie kennenzulernen. Ich habe ein iPad.” Und auch Haudegen McCain gab sich versöhnlich, fragte zum Schluß: “Warum muss ich eigentlich meine Apps andauernd aktualisieren?” Da musste Cook in seinem dunkelblauen Anzug mit hellblauer Krawatte schmunzeln: “Wir machen sie halt ständig besser.”

Es dürfte kaum überraschen, dass Apple die Vorwürfe der Steuervermeidung bestreitet und sich keiner Schuld bewusst ist. Die Begründung hatte das Unternehmen bereits vor der Anhörung durchsickern lassen.

Video Teil 2

Dirk Kunde: Dirk Kunde ist Journalist und Autor. Den roten Faden seiner Arbeit bildet die Frage: Wie verändert die Digitalisierung unser Leben? Dabei spielt Mobilität durch Smartphones, Tablets und Apps eine entscheidende Rolle.
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