Heute Nacht brachte Elon Musk seinen Masterplan zum Abschluss. In Teslas Design Center, in Hawthorne / Los Angeles, direkt neben dem Sitz seines Raketenunternehmens Space X stellte er vor 800 geladenen Gästen das Model 3 vor. Schon 2006 entwarf er im Unternehmensblog seine Vision eines Alltags-Elektoautos. Zur dieser Zeit entwickelte und produzierte Tesla noch gemeinsam mit dem britischen Autobauer Lotus den Sportwagen Tesla Roadster. Von dem wurden nur 2.500 Stück produziert.Das soll beim Model 3 anders werden. Eine halbe Million Autos soll die Fabrik in Fremont spätestens im Jahr 2020 ausspucken. Eine Verzehnfachung im Vergleich zu den Stückzahlen von 2015. Bislang rollen gerade mal 107.000 Model S und X über die Straßen – weltweit. Wobei man den Crossover aus Minivan und SUV extremst selten in Deutschland sieht, was daran liegt, dass im vierten Quartal 2015 gerade mal 204 Autos ausgeliefert wurden. Die nach oben öffnenden Flügeltüren machten in der Produktion Schwierigkeiten. Tesla trennte sich vom Schweizer Zulieferer, weil die Falcon Wings Öl verloren und heiß liefen. Doch in diesem Jahr sollen zwischen 80.000 und 90.000 Model X und S ausgeliefert werden, so der Ausblick im Jahresreport 2015.
344 km Reichweite unter coolem Glasdach
Das Basismodell vom Model 3 wird die Hardware für den Autopiloten enthalten, was die Aktivierung kostet, verriet CEO Elon Musk noch nicht. Mit einer Batterieladung sind mindestens 344 km (215 Meilen) drin. Teurere Versionen werden noch weiter kommen. Aber auch in der Grundversion arbeiten die Ingenieure noch an Leistungssteigerungen, so dass zum Verkaufsstart noch mehr Kilometer drin sind. Doch die 215 Meilen sind der EPA-Richtwert (US Evironmental Protection Agency).
Besonders auffallend im Vorserienmodell sind das riesige Glasdach in der Stahl-Aluminium-Karosserie sowie der frei schwebende Touchscreen im Querformat. Einen Bildschirm mit Tacho für den Fahrer gibt es nicht. Die Geschwindigkeit liest der Fahrer auf dem Touchscreen in der Mitte ab. “In der Zeit von Autopilot braucht man diese Angaben nicht mehr ständig im Blick“, begründet Doug Field, Teslas Chefingenieur den Verzicht während der kurzen Probefahrt. Als Erwachsener sitzt man selbst hinten in dem Fünftürer sehr komfortabel. Die Karosserie ist eine Kombination aus Stahl und Aluminium – eben ein Kompromiss aus Preis, Gewicht und Sicherheit. Ab Ende 2017 soll ausgeliefert werden.Testfahrt auf einem US-Highway: Der Autopilot übernimmt die Kontrolle im Model X
E oder eine Drei?
Während der Sportwagen Roadster in Teslas Zählung nicht mitgerechnet wird, ist das jetzt vorgestellte Modell die dritte Generation nach dem S und X. Eigentlich sollte der Wagen Model E heißen. Na, was ergibt das? Richtig, Sex. Doch im Streit um die Markenrechte musste sich Elon Musk gegenüber Ford geschlagen geben. “Ford hat den Sex getötet“, sagte Elon damals. Aber der gebürtige Südafrikaner gibt sich nicht so schnell geschlagen. Das Markenzeichen sind drei horizontale Linien. Der Querschnitt eines Batteriepacks oder eine auf der Seite liegende römische Drei. Kann man sehen wie man will. Auffallend ist, die Linien sehen genauso aus wie das E aus der Firmierung von TESLA. So bekommt Elon also doch noch SEX mit seinen drei Fahrzeugen hin.
Geduld, Geduld und noch mal Geduld
Dass inzwischen Menschen vor den Tesla-Läden Schlangestehen, dürfte das Unternehmen freuen und Apple ein wenig ärgern, hatten sie doch bislang darauf das Monopol. Doch im Gegensatz zu Apple gibt es bei Tesla nichts in die Hand. Die Leute können lediglich eine Vorbestellung abgeben. Vor 2018 wird niemand in Deutschland auf dem Fahrersitz eines Models 3 Platz nehmen. Zum einen hat Tesla eine lange Tradition der Terminverschiebungen, zum anderen werden erst Besteller in den USA sowie Stammkunden beliefert. Außerdem wird es zum Start keine oder nur wenige Autos der günstigen Einstiegsversion ab 35.000 Dollar geben. Zuerst werden die Ausstattungen mit einem P und D an der Zahl gefertigt. Die Modelle dürften um die 60.000 bis 70.000 Dollar kosten. Dann hat man aber auch eine höhere Batteriekapazität mit mehr Reichweite, Allradantrieb (Dual), den “Von Sinnen”-Beschleunigungsmodus (Performance) und einen aktivierten Autopiloten.
Nagelprobe für Tesla
Die meisten Analysten stilisieren den Erfolg des Models 3 zur Nagelproben für das noch junge Unternehmen aus Kalifornien. Bislang schreibt Tesla nur Verluste, zuletzt 888 Millionen Dollar für das Jahr 2015. Dabei verkauften sie rund 50.000 Autos. Doch die Entwicklung des Model 3, der Aufbau der gigantischen Batteriefabrik in der Wüste von Nevada, sowie die Erweiterung des eigenen Schnelladenetzes (weltweit 611 Stationen, davon 53 in Deutschland) verschlingt viel Geld. Bis Ende 2017 soll die Zahl der Supercharger-Säulen verdoppelt werden. Kein klassicher Autobauer baut eigene Tankstellen, doch die Verfügbarkeit von Ladesäulen ist ein kritischer Erfolgsfaktor. Die Leute sollen zuhause oder im Büro ihre Grundversorgung decken. Für lange Strecken gibt es die Supercharger in Autobahnnähe. Als nächster Schritt kommt etwas nach Europa, das in den USA unter Destination Charging bereits existiert. An Hotels, Golfplätzen, Freizeitparks, Einkaufszentren, eben da, wo man etwas länger verweilt, errichtet Tesla Ladesäulen. Deren Zahl soll bis Ende 2017 auf weltweit 15.000 vervierfacht werden. Wohlgemerkt: Den Tesla-Fahrer kostet das Laden nichts.
Nur wenn Reichweite und Lademöglichkeiten den Alltags-Nutzern ausreichend erscheinen, dürfte der Masterplan von “Iron Man”-Musk aufgehen. Die Begeisterung ist groß, gleich am ersten Abend bestellten weltweit 115.000 Menschen ein Auto, von dem sie nicht mal ein Bild gesehen haben.
Nachtrag: Die Vorbestellungen liegen zwei Tage nach der Präsentation bei 276.000 und eine Woche danach bei über 325.000 Fahrzeugen.