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Patentklagen: Jeder gegen jeden – und was ist schon fair?

Heute wies das Landgericht Mannheim ein Klage von Motorola gegen Apple ab. Die verwendete Technik im iPhone verletze nicht das Patent von Motorola. Die beiden ersten Runden hatte noch Motorola gewonnen, was unter anderm zu einem kurzzeitigen Verkaufsverbot bei Apple Deutschland geführt hatte. Doch bei der Vielzahl der weltweit anhängigen Klagen blickt keiner mehr durch: Apple verklagt Samsung, Motorola verklagt Apple, Nokia, Microsoft und HTC klagen munter mit. Im Hintergrund zieht Google die Strippen. Schließlich will das Unternehmen die Mobilfunksparte von Motorola samt ihrer Patente übernehmen. Laut Wall Street Journal werde das US-Justizministerium keine Einwände gegen die Übernahme erheben. Das Ding ist also in trockenen Tüchern.

Patentklagen drehen sich um Standards

Streitpunkt fast aller Klagen sind die Standardtechniken im Mobilfunk, die per Patente geschützt sind (Standard Essential Patents). Jeder Hersteller von mobilen Geräten nutzt WLAN, LTE, UMTS, GPRS, EDGE oder auch Videoformate wie H.264. Damit berührt er mit Sicherheit eins oder mehrere Patent(e) eines Wettbewerbers, das lässt sich nicht umgehen. Nun ist die Branche um eine interne Einigung bemüht, so dass nicht bei jedem neuen Gerät eine einstweilige Verfügung samt Vertriebsverbot bei Gericht beantragt wird. Apple hat sich im November vergangenen Jahres dazu per Brief an das europäische Standardisierungsgremium für Telekommunikation ETSI gewand. Standardtechniken sollten unter der FRAND-Regel (Fair, Reasonable, Non-Discriminatory) allen Marktteilnehmern zur Verfügung stehen.

Was ist eine faire Nutzung?

Der Knackpunkt: Was ist eine fairer Preis für die Techniknutzung? Apple, mit eher hochpreisigen Produkten im Markt, möchte den Durchschnittspreis eines Handys mit Datenfunktion als Grundlage nehmen. Google hat sich dazu in einem Brief an das Insitute of Electrical and Electronics Engineers  (IEEE) aus der Deckung gewagt: Man werde für die Soft- und Hardware-Patente von Motorola (wenn übernommen) bis zu 2,25 Prozent des Nettoverkaufspreises für jedes verkaufte Geräte in Rechnung stellen. Patent-Experte Florian Müller hält diesen Betrag für übertrieben. Wobei: Samsung fordert derzeit vor einem Gericht 2,4 Prozent von Apple.

Aus dem Google-Schreiben wird nicht ganz deutlich, ob der Betrag einmalig oder für jede geschützt Technologie anfällt – also bei Verwendung von UMTS und H.264 wird zwei Mal kassiert. Schön ist auch Müllers Gedankenspiel, dass dann ein Autobauer, der H.264 für die Wiedergabe von Videos in seinem Fahrzeug verwendet, 2,25 Prozent des Netto-Neuwagenpreises an Google abführen müsste. Da kann man gleich mit weiteren Klagen rechnen, denn an den FRAND-Regeln ist die Autoindustrie nicht beteiligt. Funkttechniken werden aber in immer mehr Alltagsprodukten integriert. Es dürfte also nicht langweilig werden – wenn man Patentanwalt ist.

Kleiner Nachtrag in Form einer Grafik zum Streit zwischen Samsung und Apple von Online MBA Guide.


Dirk Kunde: Dirk Kunde ist Journalist und Autor. Den roten Faden seiner Arbeit bildet die Frage: Wie verändert die Digitalisierung unser Leben? Dabei spielt Mobilität durch Smartphones, Tablets und Apps eine entscheidende Rolle.

Kommentare anschauen (2)

  • Was für eine kranke Welt. Aber der Vergleich mit dem Auto hinkt! Hier würde als Bemessungsgrundlage ja nicht das ganze Auto, sondern lediglich der darin verbaute DVD-Spieler herangezogen.

    • @Michael Reinhard Das Beispiel ist auf dem Mist von Patentexperte Müller gewachsen. Aber ich gebe ihm Recht, das Schreiben von Google liest sich so, dass sie den Prozentsatz auf den Gesamtwert des verkauften Objekts beziehen. Aber da stimme ich Dir zu, dagegen wird sich die Autoindustrie ganz sicher mit Handen und Füßen wehren.